Mittwoch, 31. Mai 2017

Vor der Sommerpause findet jedes Jahr die Graduationsfeier statt, während der die Absolventen ihre Abschlusszeugnisse erhalten. Wie alles andere in den USA ist eine derartige Zeremonie eine große und stattliche Veranstaltung bei der zunächst die Nationalhymne gespielt wird, einige inspirierende Reden gehalten werden und schließlich die Studenten einzeln aufgerufen werden um in ihren Roben die Dokumente zu empfangen. Obwohl meine eigene Graduierung erst im Dezember stattfinden wird, haben einige meiner Freunde ihr Studium an der IUP bereits diesen Sommer beendet, weshalb ich die Veranstaltung gerne besucht und einige Fotos geschossen habe. Seit Mitte Mai habe ich nun Sommerferien, wobei ich im Juni und Juli einen Onlinekurs zum Thema “Operational Management” absolviere. Außerdem bekomme ich im Juni Besuch von meiner guten Freundin Cathy aus Deutschland. Eine Woche verbringen wir voraussichtlich hier in Pennsylvania, für die andere Woche fahren wir nach New York City.




Sonntag, 28. Mai 2017

Der Wanderausflug:
Mitte Mai war ich mit einer guten Freundin namens Lilian und ihrer kleinen Schwester Courtney im Ohiopyle State Park wandern. Da Pennsylvania nicht zuletzt für seine Landschaften, Bergketten und Wälder bekannt ist, freute ich mich auf das Erlebnis und nahm die zweistündige Autofahrt gerne in Kauf. Lilian erzählte mir außerdem, dass am Ende der Wanderung eine “Natural Waterslide” auf uns wartet, also eine Art Flussabschnitt der üblicherweise als Wasserrutsche benutzt werden kann. Ich erwartete also eine entspannte, mehrstündige Wanderung durch die örtlichen Wälder mit besagter Rutsche als Highlight. Was ich an diesem Tag erleben sollte, hatte damit jedoch rein gar nichts zu tun.

Zu Beginn der Wanderung wurde ich zunächst positiv überrascht, als wir mitten in einem idyllischen Wald plötzlich vor einem wundervollen Wasserfall standen. Wir hielten uns hier eine Weile auf, genossen die Natur und kletterten sogar hinter den Wasserfall. Die Wandertage aus Schulzeiten hatte ich etwas anders in Erinnerung.



Nachdem wir einige Minuten dem Wanderweg dem Fluss entlang gefolgt waren, deutet Lilian auf eine steinerne Felswand zu unserer Rechten und fragte mich “How about this one?” (Wie siehts mit dieser hier aus?). Ich reagierte zunächst etwas verdutzt, da ich nicht glauben wollte dass Lilian gerade tatsächlich vorschlug, diese vier Meter hohe, steile Wand ohne Sicherung hinaufzuklettern. Noch bevor ich meine Bedenken äußern konnte, hatte Sie ihr Vorhaben bereits in die Tat umgesetzt und kraxelte mit verblüffender Geschwindigkeit die steilen Felsen hinauf. Als ich dabei die Spikes unter ihren Schuhen entdeckte, realisierte ich sowohl, dass dies nicht Lilians erste Wanderung ist, als auch, dass diese Wanderung keine Normale werden würde.

Und ich sollte Recht behalten. Ein paar Kilometer Flussabwärts erblickten wir ein weiteres sehenswertes Naturschauspiel. Zwischen einer Flussmündung und einem kleinen Sandstrand befanden sich einige große, steile Steine, eher Felsen, nebeneinander die bis in den Fluss hineinragten. Auch dieses Mal schlug Lilian den Kletterversuch vor und überzeugte mich schließlich ebenfalls einen Versuch zu wagen. Ich schaute mich also nach einer geeigneten Einstiegsstelle um und schaffte schließlich, nach reichlich Überwindung, zahlreichen Fehlversuchen sowie hilfreichen Tipps von Lilian und ihrer Schwester, mich ungeschickt auf besagten Felsen zu hieven. Nach ausgiebigem Staunen über die Aussicht und die Natur stellte sich der Abstieg von besagtem Stein als ebenso große Herausforderung wie der Aufstieg heraus. Beim hinunterklettern rutschte ich mit dem rechten Fuß ab, konnte mich aber mit den Händen an einem Vorsprung festhalten. Bis auf zwei kleine Schürfwunden am Bauch kam ich glimpflich davon und freute mich über das Erfolgserlebnis.



Schließlich gelangten wir zu dem angepriesenen Highlight der Wanderroute. Die besagte “Natural Waterslide” kam mir auf den ersten Blick eher vor wie gewaltige Stromschnellen. Das Wasser raste mit einer enormen Geschwindigkeit den steinigen, S-förmigen Flussabschnitt herunter und auch Lilian, die diese Wanderroute bereits kannte, wunderte sich dass das Wasser deutlich höher stünde als sonst. Mein erster Gedanke war, dass wenn dieses Terrain so in Deutschland vorzufinden wäre, es eingezäunt und abgesperrt werden würde, damit nicht irgendwelche Verrückten auf die Idee kommen könnten hinein zu springen. Während ich das Spektakel skeptisch beäugte und versuchte herauszufinden wie tief das Wasser sein mag, fackelte Lilian nicht lange und wagte den Sprung. Sie wurde umgehend von den Wassermengen mitgerissen und verschwand aus meinem Sichtfeld. Ihre Schwester Courtney tat es ihr nach und sprang hinterher. Als die beiden Flussabwärts schließlich aus dem Flussbett kletterten und mir ein Daumen-hoch Signal gaben, hatte ich keine Wahl mehr. Ich zog also meine Schuhe aus, stieg in die “Rutsche” und bereute meine Entscheidung noch im selben Augenblick. Der Sog riss mich unter Wasser und schleuderte mich herum. Ohne jegliche Möglichkeit zu bremsen oder Einfluss auf die Richtung zu nehmen raste ich unkoordiniert den Abhang hinab. Ich eckte an einigen harten Steinen an bevor ich mich schließlich an einem Vorsprung festhalten und Halt gewinnen konnte. Ich zog mich also aus dem Fluss - allerdings auf der falschen Seite. Nicht nur dass Lilian und ich nun durch diese reißende Strömung von unseren Taschen und dem Heimweg getrennt waren, bereute ich nun außerdem meine Schuhe vor dem Vorhaben ausgezogen zu haben. Die Steine am Flussufer waren Spiegelglatt und das Gestrüpp neben dem Fluss war zu dicht um einen anderen Weg einzuschlagen. Der Versuch sich auf diesem Untergrund barfuß fortzubewegen schlug fehl. Ich verlor den Halt, knallte mit meinem Knie auf die Steinplatte und rutschte in Richtung der wilden Strömung. Lilian reagierte geistesgegenwärtig und blitzschnell, griff nach meiner Hand und bewahrte mich in letzter Sekunde vor einer erneuten, ungewollten Rutschfahrt an den spitzen Felsen entlang. Mit ihrer linken Hand an einem stabilen Ast und ihren Spikes unter den Schuhen hatte sie genügend Halt um nicht ebenfalls abzurutschen. Auf der anderen Flussseite hatten sich längst einige Amerikaner versammelt die das Spektakel auf ihren Smartphones festhielten und lauthals mitfieberten. Die Flussseite zu wechseln sollte sich schließlich als die spannendste Aufgabe des Tages herausstellen, die ohne Weiteres eine halbe Stunde in Anspruch nahm. Wir mussten uns in diesem menschenfeindlichen Gelände solange flussaufwärts bewegen, bis wir einen Punkt erreichten, an dem der Fluss breit genug und die Strömung dementsprechend schwach genug war, um nicht mitgerissen zu werden. Dafür überquerten wir nicht nur die glatten Gesteinsplatten, sondern kämpften uns auch durch das Dickicht am Flussrand. Schließlich schafften wir es, zwei herumliegende, große Äste quer über den Fluss zu manövrieren um anschließend hinüber zu balancieren.




Am Ende des Tages kam ich völlig geschafft und voller Blessuren nach Hause. Ob es mir Spaß gemacht hat? Auf jeden Fall. Würde ich es wieder tun? Keine Frage! Ich weiß ja jetzt was mich erwartet, wenn man mit Lilian wandern geht.


Montag, 22. Mai 2017

Da Pittsburgh die nächstgelegene Großstadt zu unserem Wohnort “Indiana” im Bundesstaat Pennsylvania ist, sind die meisten der Anwohner und Studenten Anhänger sämtlicher Sportclubs Pittsburghs. Neben American Football (Pittsburgh Steelers) und Eishockey (Pittsburgh Penguins) ist Baseball hier äußerst beliebt. Daher haben wir uns im Mai ein Baseballspiel der Pittsburgh Pirates im “PNC Park” angeschaut. Derartige professionelle Sportveranstaltungen im sind hier grundsätzlich sehenswerte Spektakel, da sie angemessen zelebriert werden. Vor jedem Spiel wird die Nationalhymne gespielt und wenn Pittsburgh einen Homerun schlägt gibt es ein herrliches Feuerwerk über dem Stadion. Es gab außerdem ein spezielles Angebot für uns Studenten der IUP, weshalb wir die Tickets, Drinks und Hotdogs zum halben Preis erwerben konnten. Vor dem Spiel nutzten wir den Nachmittag um auf den Mount Washington in Pittsburgh zu fahren, eine Art Aussichtsplattform von wo man einen hervorragenden Blick auf die Skyline von Pittsburgh hat.




Sonntag, 7. Mai 2017

Seit Mitte Januar studiere ich nun an der Indiana University of Pennsylvania in den USA. Mittlerweile habe ich das Land etwas kennengelernt und möchte meine ersten Erlebnisse und Eindrücke hier mit euch teilen.

Die Uni
Das System der Amerikanischen Universitäten gleicht dem Deutschen Schulsystem. Es herrscht in jeder Vorlesung Anwesenheitspflicht und ich bin täglich ein paar Stunden mit Hausaufgaben, Gruppenarbeiten, vorzubereitenden Präsentationen und Online-Quizzes beschäftigt die bis zu einer bestimmten Deadline eingereicht werden müssen. Der Arbeitsaufwand ist zwar deutlich höher als in Deutschland, dafür ist der Anspruch etwas geringer. Sprich, wenn man den geforderten Aufwand erbringt, kriegt man auch seine guten Noten. In Deutschland habe ich die Erfahrung gemacht, dass man ein Skript mit mehreren hundert Seiten auch einfach mal auswendig lernen muss - sonst gibts halt keine eins. Das Amerikanische System liegt mir persönlich jedenfalls besser als das Deutsche System und auch meine Noten sind hier besser. Die Klassen sind kleiner und die Professoren können die Studenten bereits nach der zweiten Stunde beim Vornamen nennen. Ein Nachteil sind allerdings die hohen Studiengebühren und die Kosten für die Lehrbücher, die man sich hier leider nicht leihen kann sondern teuer einkaufen muss. Im Frühling habe ich vier Fächer belegt, im Sommer folgt ein Onlinekurs und fünf weitere Fächer kommen im Herbst. Mein Schnitt liegt nach dem ersten von zwei Semestern bei 1,0.



Reisen
Im März werden die Studenten jedes Jahr eine Woche lang von Vorlesungen befreit. Diese Springbreak Pause habe ich mit drei Freunden genutzt um nach Florida zu fliegen, wo wir uns drei Tage lang Miami und 6 Tage lang Daytona Beach angeschaut haben. In Daytona fand zu dieser Zeit auch die berühmte Bikerwoche statt, zu der sich jedes Jahr hunderttausende Motorradfahrer versammeln. Außerdem haben wir einen Ausflug zu den Everglades unternommen, wo wir eine Führung auf einem Sumpfboot mitgemacht haben - Alligatoren anschauen inklusive. In Miami haben wir im berühmten Künstlerviertel Wynwood übernachtet wo jede Straßenecke mit aufwendigen Graffitis verziert ist. Während den drei Tagen haben wir Miami Beach sowie den Ocean Drive besichtigt und ein NBA Spiel der Miami Heats besucht.






Meine Lieblingsstadt in den USA ist bisher allerdings Chicago. Anfang April haben wir einen Wochenendtrip dorthin gemacht um den Geburtstag von einem Freund zu feiern. 9 Stunden Autofahrt pro Strecke haben sich gelohnt - Die Stadt ist der Wahnsinn. Tagsüber sind wir durch die Stadt gelaufen und haben wir uns die Sehenswürdigkeiten angeschaut, wobei wir laut Rénés Apple Watch pro Tag über 15 Kilometer zurückgelegt haben. Abends haben wir uns in eine Bar gesetzt oder sind feiern gegangen. Ich habe die Stadt jedenfalls mit zahlreichen schönen Erinnerungen und einigen spektakulären Fotos verlassen.





Im letzten Aprilwochenende haben wir außerdem einen Roadtrip nach Toronto, Kanada gemacht - mit Zwischenstop an den Niagarafällen.
Wir mieten für derartige Wochenendtrips gerne Wohnungen über AirBnB an, da Airbnb private Unterkünfte in allen Lagen und Preisklassen anbietet. Bisher hatten wir damit auch stets gute Erfahrungen gemacht. Als wir jedoch in unserem Airbnb in Toronto eintrafen, mussten wir feststellen dass sich unsere Unterkunft in einem Keller befand, mit einer maximalen Deckenhöhe von 1,85 Metern. Wir verbrachten demnach nicht viel Zeit in unserer “Hobbithöhle” sondern nutzen das Wochenende um uns alle Ecken von Toronto anzuschauen. Samstags waren wir außerdem auf den Toronto Islands, von denen man einen tollen Ausblick auf die Skyline der Stadt hat.











Da ich mir im März gemeinsam mit meinem Mitbewohner Florian ein eigenes Auto angeschafft habe (Chevrolet Blazer), werden in den kommenden Monaten noch einige Trips in die umliegenden Großstädte folgen. Am 17. Mai schaue ich mir ein Baseballspiel in Pittsburgh an, Mitte Juni nehme ich am “Colorrun” in Philadelphia teil. Da läuft man 5 Kilometer und wird von den Zuschauern mit Farbe beschmissen. Washington DC werde ich mir mit Sicherheit noch anschauen und ich habe vor kurzem einen Brief an Großtante Karin nach Manhatten verschickt, da ich natürlich auch New York City gerne noch sehen möchte. Einige meiner Freunde und Kommilitonen fliegen im Sommer außerdem an die Westküste nach Kalifornien, da hat mein Geldbeutel allerdings nicht mehr mitgespielt. Faszinierend finde ich auch die “Amish People”, von denen es sehr viele hier in Pennsylvania gibt. Diese leben im Norden der USA und in Kanada in kleinen Dörfern und lehnen Elektrizität und Technologie weitestgehend ab. Die Amish people laufen einem hier hin und wieder über den Weg - manchmal auch mit Kutsche auf dem Highway. Manche dieser Dörfer kann man wohl auch besichtigen, was ich im Sommer in Angriff nehmen werde.


Die Kultur
Obwohl die zahlreiche Gemeinsamkeiten zwischen der US Amerikanischen und der Deutschen Kultur gibt, sind mir doch einige Unterschiede aufgefallen. Zunächst nörgeln die Amis nicht so viel wie die Deutschen. Den Deutschen sagt man ja ein eher “kaltes Wesen” nach, die Amerikaner haben da eine etwas offenere Lebenseinstellung. Das merkt man insbesondere daran, dass man auch mit Fremden viel schneller in eine Konversationen gerät. Man lernt die Leute außerdem direkt beim Vornamen kennen - nicht nur Studenten, sondern auch Busfahrer, Kassierer oder Professoren.
Und dann ist da das Essen. Die Portionen sind größer, alles hat mehr Zucker und Fett. An jeder Ecke gibts Fastfood und wenn man nicht aufpasst, legt man hier ganz schnell ordentlich an Gewicht zu. Dazu sind die Lebenshaltungskosten höher, vor allem die Preise von Obst und Gemüse sind nicht mit denen aus Deutschland zu vergleichen. Ich habe mir mittlerweile angewöhnt mein Essen für die Woche vorzukochen und Portionen mit in die Uni zu nehmen.

Ich habe ab nächster Woche Sommerferien und werde die nächsten Monate ab und an hier was von mir hören lassen. Bis dahin,

Euer Daniel